Mittwoch, 13. November 2013

Lang ersehnt und endlich da!




Teil1: Die Hideawaylodge


Bevor ich mich mit den Höhepunkten meiner Zeit im letzten Monat auseinander setze, möchte ich endlich die Gelegenheit ergreifen, um unser derzeitiges zu Hause einmal näher in die Mangel zu nehmen.


Vor ca. zweieinhalb Monaten haben wir uns endlich aus dem Großstadtdschungel Auckland befreit und sind mit Mann und Material in den eisigen Norden Neuseelands aufgebrochen. Wir brauchten Geld und wollten arbeiten. Um es uns zu erleichtern haben wir ein arbeitsvermittelndes Hostel aufgespürt, welches sich auf die Vermittlung von Backpackern spezialisiert hat. Es kam für uns nur die Hideawaylodge in Frage. Hier angekommen waren wir anfangs wie jeder andere ein wenig überfordert mit der Situation.
Die Lodge befindet sich am Rand einer kleineren Stadt und besteht aus einer Ansammlung von bungalow-ähnlichen Ein-Zimmer-Kästen, welche um die beiden Hauptgebäude verstreut liegen. Neben den Wohngebäuden gibt es noch ein für alle zugängliches 
 Badezimmer und ein Poolhaus mit einem erstaunlich großen Pool. 
 Der Hostelbesitzer Brian ist die inoffizielle Berühmtheit Kerikeris, da er sich ein über die Jahre ein alles übergreifendes Beziehungsnetzwerk aufgebaut hat, welches seinen Beruf ungemein erleichtert. Hat man Aufgaben, die erledigt werden müssen oder will sich nicht selber die Hände schmutzig machen, dann ruft man einfach Brian an und der vermittelt dann Backpacker auf Mindestlohnbasis. Dieses System hat sich für die hiesige Agrarwirtschaft so gut bewährt, dass wir selbst in unserem Reiseführer einen ironischen Kommentar über Kerikeri gefunden haben. Dort steht frei übersetzt: Wenn du nach einem rückenzerstörenden, schlecht bezahlten Job sucht, den die Kiwis nicht machen möchte, dann startet dein Abenteuer hier. Leider ist uns dieser wunderbar aufklärende Absatz erst nach einem Monat ins Auge gefallen. Nun denn, so macht man auch seine Erfahrungen.
Hat man seine Ansprüche erst einmal vollkommen heruntergefahren, ist die Hideawaylodge ein wunderbarer Ort. Die Menschen machen es einfach aus. Alle sind offen und freundlich. Ständig werden Partys gefeiert. Jeder hilft jedem mit Kochutensilien oder ähnlichem aus und ehe man sich versieht, sitzt man mit frisch entstandenen Bekanntschaften im Auto und verbringt den Tag an einem der zahllosen Strände der Nordinsel. Zudem lernt man eine ungeheure internationale Vielfalt kennen. Aus allen Enden und Ecken der Welt hat es Backpacker in die Lodge verschlagen. Die einzige Gefahr liegt in der Versenkung. Manch einer verliebt sich in das Leben hier und es gibt ein ige, die schon seit mehreren Jahren hier wohnen.
     

Teil2: Arbeit (Dieser Teil wird mein Karma ins bodenlose ziehen...)


Wie schon oben angesprochen zeigt die Arbeit einem hier eher die eigenen Grenzen auf. Mittlerweile liegen vier Wochen Zucchinipicken hinter mir und ich weiß nun mit definitiver Sicherheit, dass dies für mich keine Option für die Zukunft ist. Ich möchte mich nicht beschweren, aber man fühlt jeden einzelnen der sieben Arbeitstage pro Woche in den Knochen. Vor allem mein Rücken beschwert sich mit wüsten Seitenhieben. Zucchini wachsen am Tag über ein Inch was ein tägliches Abernten unabdingbar macht. Man verbringt den ganzen Tag in vornübergebeugter Haltung und setzt sich jeglichem Wetter aus. Irgendwann gewöhnt sich der Körper daran und ich kann guten Gewissens behaupten, dass mein Immunsystem nun viel widerstandsfähiger ist. Man ist quasi den ganzen Tag draußen und selbst wenn man in seinem Zimmer ist, sind meistens alle Fenster und Türen offen. Ich fühle mich gesund. Trotzdem werde ich froh sein, wenn in drei Wochen die letzten Zucchini geerntet und verpackt sind. Ich habe genug Geld angespart, um dann endlich die Nordinsel von Neuseeland abgrasen zu können.


  Auf den hinteren Fotos ist meine neue Arbeitsstelle zu sehen. Hier wird nicht nur geerntet, sondern auch verpackt. Aufgrund von persönlichen Differenzen mit meinem alten Arbeitgeber und Glück gelang es mir, nun hier unterzukommen. Ich hatte noch nie ein permanent schlechtes Verhältnis mit einer übergeordneten Distanz, jedoch nahm man mich auf der alten Plantage als Rebellen war. Ausgangspunkt war hierbei, dass ich mich im Namen der Gruppe gegen den psychischen Druck unserer Vorarbeiterin gewehrt habe, welche versucht hat über Angst und ständige Kontrolle die Arbeitsmoral der Gruppe zu erhöhen. In der Realität äußerte sich dieses Verhalten in ständigen Schimpftiraden und Drohungen. Uns (im speziellen mir) wurde irgendwann sogar verboten zu sprechen, was ich als absolutes no-go empfunden habe. Wir sind Backpacker und arbeiten körperlich hart auf Mindestlohnbasis und sind dann noch so einem Druck ausgeliefert. So etwas darf nicht unterstützt werden und wenn es dazu führt, dass man rausgeworfen wird, dann ist dies eine bessere Option als sich unterzuordnen. Mir ging dieser Konflikt schon an die Substanz und hat mich gelehrt, dass man nicht alles klaglos hinnehmen darf. Arbeitsmoral spielt eine wichtige Rolle und jegliches Angstverhältnis frisst sich in dich hinein und zerstört dich innerlich. Meine neue Arbeitgeberin gibt mir einen Dollar mehr pro Stunde und während der Arbeit werden auch mal längere Gespräche geführt und Witze gemacht. Es ist einfach angenehm und ich arbeite wesentlich effektiver, obwohl es anstrengender ist.  


Teil3: Außergewöhnliches


Neben der Arbeit gibt es natürlich noch die angenehmen Seiten des Backpackerdaseins. Nachmittags und abends ist immer etwas los. Neulich gab es eine hostelübergreifende Halloweenparty im Poolhaus. Wirklich jeder war verkleidet und der Alkoholpegel stieg im Minutentakt. Es gab ein Feuerwerk und am Ende wurde auf den Tischen getanzt. Näher möchte ich auf dieses berauschende Event nicht eingehen, um meine vorsichtig aufgebaute Autorität nicht gnadenlos mit einem Vorschlaghammer zu zerstören.

Ah, ich habe eine Freundin! Kaum zu glauben, aber wahr. Dieses Bollwerk wurde gestürmt. Und ich kann muss es auch so ausdrücken: Gott sei Dank! 


Das Wesen, welches diese wundersame Aufgabe gemeistert hat, heißt Giulia. Sie ist Italienerin und hat sich gnadenlos durch meine selbst aufgebauten Blockaden geboxt. Wurde aber auch langsam Zeit. Durch sie habe ich gelernt, wie wunderschön es ist, wenn man sich jeden Tag auf jemanden freuen kann. Ihr Temperament und meine zeitweilige Überdrehtheit führen manchmal zu kleineren Konflikten, aber dies ist eine Herausforderung, die ich zu schätzen gelernt habe. Ich genieße jeden Tag mit ihr und bin immer noch überrascht von der Welle an Empfindungen, welche eine solche neuartige Zwischenmenschlichkeit mit sich bringt.

Und so wurde aus der „Jungfrau mit dem gefährlichen Halbwissen“: Robert - der Mann. Danke dafür.

Ach ja: Hier mal ein paar Bilder, für visuellere Erfahrbarkeit. Ich habe es tatsächlich nicht geschafft, sie einigermaßen anzuordnen! 

 

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